Scrum Master: Eine oft unterschätzte Rolle
Neben dem Product Owner und den Entwicklern ist der Scrum Master die dritte Rolle in einem Scrum Team. Was er genau tut, warum er oft so wenig Wertschätzung in der Organisation erfährt und was ihn von einem Agile Coach unterscheidet, schildert dieser Beitrag.
Die übergeordnete Aufgabe eines Scrum Masters lautet: Organisationen beizubringen, wie man Agilität und agiles Arbeiten umsetzt. Und auf der ganz konkreten Ebene ist er zuständig dafür, dass das Scrum Team effektiv arbeiten kann. Mithilfe der Scrum Events (Sprint, Sprint Planning, Daily Scrum, Sprint Review und Sprint Retrospektive) unterstützt er das Team dabei, sein maximales Potenzial zu entwickeln – was wiederum höheren Business Value für die gesamte Organisation bringt. Dabei übernimmt er nicht blind alles in die Organisation, was die Theorie lehrt, sondern er macht sich ein Bild von der konkreten Situation und geht individuell auf das ein, was er vorfindet. Er organisiert nicht einfach nur die Events, die ihm Scrum vorgibt, sondern er prüft genau, ob diese im speziellen Kontext wirklich sinnvoll sind.
Der Scrum Master wird oft als „Servants Leader“ beschrieben: Sollte es zu irgendeinem Zeitpunkt und an irgendeiner Stelle Probleme geben, ist er zur Stelle und versucht Unstimmigkeiten zu lösen und einen reibungslosen Ablauf zu gewährleisten. Beschweren sich beispielsweise die Entwickler bei ihm, dass sie täglich zu viele Meetings außerhalb des Vorgehensmodells Scrum haben und deshalb permanent aus ihrem Workflow herausgerissen werden, dann kann er Stillarbeitsphasen von zweimal täglich 90 Minuten etablieren, in denen niemand aus der Organisation die Entwickler stört.
In Organisationen herrscht immer wieder die Ansicht, dass die Hauptaufgabe des Scrum Masters die Moderation der Meetings bzw. Events sei, und das könne so anspruchsvoll ja nicht sein, sprich: ein leicht einzusparender Posten. Deshalb bestimmen sie eine beliebige Person aus der hierarchischen Struktur, diese Moderationen zu übernehmen, oder setzen nur einen Scrum Master für viele Teams ein. Ein Scrum Master ist in ihren Augen nicht mehr als ein Verwalter, dessen Arbeit – im Gegensatz zu der des PO und der Entwickler – keine große Auswirkung auf den Business Value hat. Dass sich auch die Erhöhung des agilen Reifegrads ganz konkret auswirkt, beispielsweise auf die Geschwindigkeit, in der gewisse Items in den Sprints umgesetzt werden, ist zwar nicht ganz so leicht zu messen, aber es geht.
Dass der Scrum Master oft wenig Wertschätzung in der Organisation erfährt, beruht auch darauf, dass eine seiner Hauptaufgaben erst auf den zweiten Blick ersichtlich ist: Er kümmert sich um sämtliche Aspekte des Zwischenmenschlichen. Dafür braucht er ein sehr gutes Feingefühl, um schnell zu realisieren, was zwischen den einzelnen Beteiligten nicht optimal läuft. In den Events, vor allem in der Retrospektive, hat er sie alle an einem Tisch, sieht, wie sie sich verhalten, hört, was sie sagen – und kann auch das Nichtgesagte zwischen den Zeilen wahrnehmen. Hier ist es seine Aufgabe, sich solche Dinge bewusst zu machen, zu notieren und dann versuchen, nachzuhaken und die zugrundeliegenden Konflikte oder Themen zu lösen, beispielsweise in informellen Gesprächen
Dafür braucht ein Scrum Master ein gewisses Talent, eine hohe Empathie, er muss sich gut in andere Menschen hineinversetzen können. Und diese Fähigkeiten sind es auch, die einen durchschnittlichen von einem exzellentem Scrum Master unterscheiden. Wenn er hier als Beharrer und Rechthaber agiert, erreicht er schlichtweg nichts. Veränderung – und um die geht es im Rahmen agilen Arbeitens immer – ist schwer, Widerstand gibt es grundsätzlich. Manchmal reichen schon einfache Terminverschiebungen aus, um wieder Ruhe ins Team zu bringen. In diesem Sinn ist ein Scrum Master eben nicht nur ein Verwalter, sondern ein Weiterentwickler seines Teams, der genau darauf achtet und im Blick hat, was er nutzen kann, um Fortschritte zu erzielen.